"...Neben den privaten
Verbindungen spielten die Weltausstellungen als Drehscheibe für die
internationale Reputation der Künstler eine wichtige Rolle. In den USA
fanden Weltausstellungen 1876 in Philadelphia/Pennsylvania, 1893 in
Chicago/Illinois und 1904 in St. Louis/Missouri statt...
Die dritte Weltausstellung in den USA, die "Louisiana Purchase
Exhibition" wurde zur Hundertjahrfeier des Erwerbs von Louisiana
veranstaltet. St. Louis, am Westufer des Mississippi gelegen, wo unfern
der Missouri einmündet, war bis etwa 1910 die viertgrößte Stadt der
Vereinigten Staaten. Sie wurde 1764 gegründet, aber erst 1803 von den
Vereinigten Staaten erworben und wies um die Jahrhundertwende einen
hohen Anteil aus Deutschland stammender Einwohner auf. Der deutschen
Beteiligung an der Ausstellung gingen massive Konflikte in der
deutschen Künstlerschaft voraus, da statt eines bereits amtierenden
interdisziplinären Künstler-Zentralkomitees per order de mufti in
letzter Minute wieder der Kunstgenossenschaft die Vorbereitung der
Kunstausstellung übertragen wurde, der die Sezessionisten eine
einseitig fortschrittsfeindliche Werkauswahl unterstellten und
infolgedessen von der Ausstellung zurücktraten. Dieses, obwohl mit der
Ausstellung in St. Louis hohe Erwartungen verknüpft wurden: "mit dem
außerordentlichen Anwachsen des Reichtums in Amerika (ist) das
Bedürfnis nach künstlerischem Schmuck des Hauses in solchem Maße
gewachsen, daß gegenwärtig für die deutsche Kunst die besten Aussichten
bestehen, daselbst wieder festen Boden zu gewinnen" (Antrag von Graf
Posadowsky-Wehner, Innenministerium, an den Bundesrat, die
amerikanische Einladung zur Beteiligung anzunehmen; zitiert nach Paret
S. 174). Ähnlich hoffnungsvoll äußerte sich der Präsident der Akademie,
Hermann Ende, ans Kultusministerium: "Es ist kein Geheimnis, daß die
Ausstellungen in Philadelphia und Chicago nicht dazu beigetragen haben,
das ungünstige Urteil über deutsche Kunst zu ändern. Soll also das
kaufkräftige amerikanische Publikum für die deutsche Kunst
wiedergewonnen werden, so muß die Gelegenheit, die die nächste
Weltausstellung in St. Louis bietet, ergriffen werden (...)" (zitiert
nach Paret S. 183).
Schließlich wurden im Palast der Schönen Künste 80 Plastiken
ausgestellt und zusätzlich Plastiken als Gebäudeschmuck aufgenommen.
Darunter befand sich ein riesiger Adler von August Gaul, der immerhin
Gründungsmitglied der Sezession war. Bei der gleichzeitigen
Buchausstellung wurden Künstlermonographien von Gustav Eberlein und
Reinhold Begas, sowie zwei Werke über Max Klinger vorgestellt.
Auszeichnungen unter den Teilnehmern (M. Baumbach, R. Begas, R.
Boeltzig, P. Breuer, A. Brütt, G. Eberlein, R.D. Fabricius (Dresden),
E. Freese, E.M. Geyger, J. Götz, F. Heinemann, B. Heinsing, E. Herter,
E. Hundrieser,
A. Jahn,
G. Janensch, M. Klein, F. Lepcke, O. Lessing, L. Manzel, H. Mißfeld, H.
Möller, P. Oesten, H.-J. Pagels, M. Schauß, J. Schilling (Dresden), E.
Schmidt-Kestner, W. Schott, C. Starck, W. Wandschneider, E. Wenck, L.
Vordermeyer, M. Klinger (Leipzig), G. Kolbe, R. Schirmer, C.
Schleusing, W. Schmarje, A. Wiegel (Kassel); A. Gaul und O. Stichling
sind im allgemeinen Ausstellungsbereich vertreten) im Fach Bildhauerei
trugen Wilhelm Wandschneider, Otto Stichling, Reinhold Boeltzig, Adolf
Brütt und Max Klein davon. Elisabeth Ney stellte Skulpturen im
Texas-Pavillon aus, darunter des Marmorgrabmal für General Johnston.
Die Beteiligung an den Weltausstellungen brachte zwar die Namen der
Künstler ins Gespräch, aber die Resonanz konzentrierte sich weniger auf
die künstlerischen Beiträge als die technischen Innovationen und die
architektonischen und inszenatorischen Ensembles. Gegen eine
changierende Großausstellung und das Faszinosum eines mittelalterlichen
deutschen Dorfes kamen die Einzelwerke nicht an.
"
Text und kleines Bild ("Adler von August Gaul, 1904,
John-Wanamaker-Store in Philadelphia. Gezeigt auf der Weltausstellung
in St. Louis 1904, im Kaufhaus in Philadelphia aufgestellt 1911"
in "
Adolf Jahn-Dokumente")
aus: Ethos und Pathos, Die
Berliner Bildhauerschule 1786-1914, Jahresgabe des deutschen Vereins
für Kunstwissenschaft 1990, S. 109 ff.
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